Freitag, 1. April 2011

Die Kupfer-Felsenbirne

Kaum habe ich das Foto eines namenlosen Baumes ins Netz gestellt, kommt auch schon ein Kommentar. Von der Abteilung „Hausinspektion“ des Theaters. Die  Mitarbeiter der Abteilung achten darauf, dass im Haus alles funktioniert – vom Fenster bis zur Heizung, erklärt mir Katrin Schröder, die Referentin für Marketing. Außerdem kennen sie sich anscheinend mit Bäumen aus und lesen meinen Blog. Das freut mich sehr. Es ist also eine Kupfer-Felsenbirne, schreiben sie. Da steige ich doch gleich drauf ein und schaue im Internet nach weiteren Informationen. In Norddeutschland wird der Baum auch Korinthenbaum genannt, ursprünglich kommt er aus Nordamerika. Die Botanik ist eine Ansammlung von schönen Namen – schon deshalb lohnt sich eine Beschäftigung damit. Bei Wikipedia steht weiter, dass die Früchte der Kupfer-Felsenbirne ungiftig und wohlschmeckend sind. Sollten da also im Herbst wirklich Birnen vor dem Dramaturgiebüro hängen und Christian Marten-Molnár hat sie noch nicht bemerkt? Aber nein, lese ich weiter, die kugeligen Früchte werden vor allem von Vögeln - z. B. von Drosseln, Staren oder Tauben gefressen – und doch – es wird abermals erwähnt, dass sie angenehm süß schmecken. Liebe Hausinspektion, ich bin verwirrt, kann man diese Früchte nun als menschliches Wesen ebenfalls essen oder sind sie den Vögeln vorbehalten?
Ich weiß, dieser Ausflug in die Pflanzenkunde hat jetzt nicht wirklich etwas mit „Exit Europa“ zu tun, deshalb sei diesem Eintrag noch ein Zitat von Jacob Grimm beigefügt, aus seinem Vortrag: „Über den Ursprung der Sprache“ von 1851 (zitiert nach der insel-taschenbuchausgabe 1985). „Wenn bienen ausgeflogen sind um honigstoff einzuholen und sich auf eine heide niederlassen, von welcher sie immer zu rechter zeit und sicher den heimweg nach ihrem stock nicht verfehlen; mag es einzelne unter dem schwarm geben, die sich ein paar hundert schritte abwärts verfliegen und in der irre zugrunde gehn: ihnen ist die kleine freiheit verderblich geworden.“ Die Freiheit ist ihnen verderblich geworden – da denke ich doch nicht nur an Bienen, sondern gleich auch an Robespierre, St. Just, Danton, Camille – und die Guillotine der französischen Revolution. Womit wir wieder beim Thema wären, das für die nächste Woche lautet: „Der Kleinmut der Reformer oder das Blutbad der Revolutionen.“ Klingt zu groß? Ist es auch. Mir wächst das Thema jedenfalls regelmäßig über den Kopf. Eine wichtige Frage in diesem Zusammenhang lautet: Heiligt der (idealistische) Zweck die/jedes Mittel? U.a. wird dann auch ein weiterer Auszug aus der Textfassung vorgestellt: „Der kommende Aufstand“, ein politisches Manifest aus Frankreich, geschrieben von einem „unsichtbaren Komitee“. Und dann muss ich irgendwann auch noch von der Freiheit zur Gleichheit und von der Gleichheit zur Brüderlichkeit überleiten. Aber es sind ja auch noch 23 Tage bis zur Premiere. Jetzt erstmal allen LeserInnen und mir  (und insbesondere der Hausinspektion) ein schönes Wochenende.