Samstag, 26. März 2011

„Problema“ - Ein Film von Ralf Schmerberg

2003 initiierte der Filmregisseur Ralf Schmerberg als eine Reaktion auf den Irakkrieg das Projekt „Dropping Knowlege“ – eine offene Internetplattform, auf der wichtige Fragen und Probleme des 21. Jahrhunderts zusammengetragen werden sollten. 2006 ging daraus der „Table of Free Voice“ hervor, ein großer runder Tisch auf dem Berliner Bebelplatz, an dem 112 Künstler, Wirtschaftswissenschaftler, Menschenrechtler, Naturwissenschaftler usw. aus verschiedenen Ländern der Welt versuchten, 100 dieser Fragen und Probleme zu beantworten. „Welches ist das wichtigste aktuelle Geschehen, über das nirgends berichtet wird?“ / „Sollten wir das Recht haben, frei wählen zu können, wo wir wohnen möchten?“ / „Was bedeutet Mut heutzutage?“ / „Wie können wir unsere Regierungen davon abhalten, Krieg zu führen?“ Jeder einzelne Versuch einer Antwort wurde per Videokamera aufgezeichnet. Insgesamt wurden also 11200 Antworten auf 100 Fragen dokumentiert. Es sei wichtig, dass man die Fragen stelle, selbst wenn es nicht die eine richtige Antwort gibt, meint Ralf Schmerberg in einem Interview mit dem Tip über seinen 2010 fertiggestellten Film „Problema“ (www.tip-berlin.de/kino-und-film/ralf-schmerberg-uber-den-film-problema). In seinem Film werden ein Teil der Fragen und Antworten aus dem „Table of Free Voice“ von 2006 vorgestellt und mit einer Fülle an zeitgeschichtlichem Filmmaterial verknüpft. Vier Jahre hat Schmerberg an dem Film gearbeitet, ihn auch selbst finanziert und nun zum kostenfreien Download ins Netz gestellt (www.problema-thefilm.org). Als ich mir den Film aufgrund des Hinweises einer Freundin vor ein paar Monaten anschaute, war ich sehr beeindruckt. Beeindruckt und berührt zugleich. Die Fragen überfordern, der Blick auf so viele globale Konflikte überfordert, binnen weniger Minuten scheint man aus seiner kleinen, lokalen Welt des Alltags herausgerissen. Und natürlich gibt es nicht die eine Antwort. Aber 112 Menschen. Und schon allein die Tatsache, dass diese Menschen sich sichtlich um eine jeweils eigene Antwort bemühen, dass sie sich um ein Sprechen, um eine Haltung zu den Fragen bemühen, macht seltsamerweise auch Mut. Mut, daran zu glauben, dass Strukturen veränderbar sind, dass ein Miteinandersprechen sinnvoll ist. Mut dafür, bestimmte Fragen zu stellen, auch wenn sie angesichts globaler Problemlagen und den „berühmt berüchtigten Sachzwängen“ schon fast naiv oder vergeblich scheinen. Und weil der Film überfordert und zugleich Mut macht – werden wir einen Teil daraus auch in „Exit Europa“ zeigen – die Haustür also Richtung Welt öffnen, der Überforderung ins Auge schauen und uns selbst in diese mühsame Suche nach Antworten und nach je eigenen Handlungsmöglichkeiten mit einbeziehen.